10 Fakten zu diabetischer Polyneuropathie
Diabetische Polyneuropathie hat viele Gesichter – sie kann die unterschiedlichsten Symptome hervorrufen.
Polyneuropathie ist zwar eine häufige Krankheit, trotzdem sind ihre Ursachen bisher nicht im Detail verstanden.
Macht es einen Unterschied, ob Diabetes Typ 1 oder Typ 2 die Polyneuropathie verursacht? Welche weiteren Konsequenzen kann diabetische Neuropathie haben, über die typischen Symptome hinaus? Ist es möglich, die Krankheit zu haben, ohne es zu wissen?
1. Polyneuropathie ist die häufigste Komplikation von Diabetes
Schätzungsweise 60 -70% der Diabetiker leiden an Polyneuropathie. Die Erkrankung führt zu mehr Krankenhausaufenthalten als alle anderen Diabeteskomplikationen zusammen und ist die Hauptursache für nicht unfallbedingte Amputationen.[1],[2]
2. Diabetische Polyneuropathie startet oft asymptomatisch
Bis zu 50% der Diabetespatienten mit Neuropathie haben keine offensichtlichen Symptome der Erkrankung.[3] Bei autonomer Neuropathie treten Symptome meist erst viele Jahre nach der Diabetesdiagnose auf, obwohl erste Schäden an autonomen Nerven meist innerhalb von 1-2 Jahren entstehen.
Kardiovaskuläre autonome Neuropathie kann Erkrankungen der Herzgefäße, Herzinfarkt und Schlaganfall verursachen, und stellt somit einen lebensbedrohlichen Faktor dar.[4]
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass Diabetespatienten regelmäßig auf Polyneuropathie hin untersucht werden. Eine gute Blutzuckerkontrolle zusammen mit Antioxidantienten und der Behandlung von Bluthochdruck senken das Risiko für diabetische autonome Neuropathie.
3. Mit fortschreitender Erkrankung lassen Schmerzsymptome nach
Bei vielen Patienten mit schmerzhaften Polyneuropathiesymptomen lassen die Schmerzen im Laufe der Jahre nach. Auch wenn dadurch das Leiden erst mal verringert wird, ist das leider kein gutes Zeichen. Denn das Verschwinden der Schmerzen ist meist auf ein Absterben der schmerzweiterleitenden Nervenzellen zurückzuführen. Aus diesem Grund sollte das Voranschreiten der Neuropathie regelmäßig untersucht werden.
4. Bereits Vorstufen von Diabetes können neuropathische Symptome verursachen
Sogar Prädiabetes und metabolisches Syndrom können bereits die Nerven schädigen.[5] Im frühen Stadium lassen sich die Symptome meist durch eine gute Blutzuckerkontrolle rückgängig machen. Es ist also wichtig, nicht nur Diabetes selbst, sondern auch das Risiko dafür frühzeitig zu erkennen.
5. Polyneuropathie in Folge von Diabetes Typ 1 oder 2 schreitet unterschiedlich voran
Bei Patienten mit Diabetes Typ 1 schreitet die Neuropathie zu Beginn schnell voran und wird dann langsamer.[6] Bei Diabetes Typ 2 hingegen ist die Neuropathie zum Zeitpunkt der Diagnose nur schwach ausgeprägt, wird jedoch kontinuierlich schlimmer. Zudem lässt sich Neuropathie bei Diabetes Typ 1 durch intensive Blutzuckerkontrolle gut verhindern, bei Diabetes Typ 2 scheinen jedoch noch weitere Faktoren involviert zu sein.[7]
6. Diabetes kann auch Mononeuropathie auslösen
Bei Mononeuropathie handelt es sich meist um Druckneuropathien, wobei der Nerv mechanisch eingeengt wird. Druckneuropathien sind sehr häufig bei Diabetes, lösen jedoch nicht immer Symptome aus.[8],[9] Stoffwechselveränderungen in den Nerven von Diabetespatienten führen zu strukturellen Veränderungen, wodurch die Nervenfasern in Gefahr laufen, eingeklemmt zu werden.
Eine der häufigsten Druckneuropathien ist das Karpaltunnelsyndrom, bei dem der Mediannerv, der durch den Karpaltunnel, der an der Handinnenfläche entlang vom Unterarm zur Hand verläuft, eingedrückt wird.
7. Diabetespatienten haben oft verschiedene Arten von Neuropathie
Verschiedene Nervenarten können von Neuropathie betroffen sein, die unterschiedliche Symptome hervorrufen. Distale sensomotorische Polyneuropathie ist die häufigste Form in Diabetespatienten.[10] Hier sind lange Nervenfasern betroffen. Die Nervenschäden beginnen an den Nervenenden in Händen und Füssen und schreiten von dort aus in Richtung Körpermitte voran. Dadurch kommt es zu der charakteristischen Strumpf- beziehungsweise Handschuhförmigen Ausbreitung der Symptome.
Diabetespatienten können jedoch auch proximale Nervenschäden in der Hüfte, Gesäß oder Oberschenkel, autonome Neuropathie und Druckneuropathie haben.[11] Es ist nicht ungewöhnlich, dass mehrere Neuropathieformen gleichzeitig auftreten.
8. Diabetische Polyneuropathie kann psychische Probleme verursachen
Schmerzen in Folge von diabetischer Neuropathie sind eine größere psychische Belastung als Schmerzen anderer Ursache mit vergleichbarer Intensität.[12] Ein Problem ist, dass die Schmerzen nachts am Schlimmsten sind, und der daraus folgende Schlafentzug stellt eine zusätzliche Strapaze dar. Zudem sind diese Patienten häufig in ihrer physischen Aktivität und Beweglichkeit eingeschränkt, was auch das soziale Leben negativ beeinflusst.
Gerade zu Beginn einer Insulintherapie sind die Schmerzen meist besonders intensiv, sie lassen jedoch nach einiger Zeit nach.[13] Es ist wichtig, dass der Arzt darauf hinweist, um den Patienten psychisch zu entlasten.
9. Ein hoher Blutzucker ist nicht die einzige Ursache von diabetischer Polyneuropathie
Ein zu hoher Blutzuckerspiegel wird häufig als alleinige Ursache für diabetische Neuropathie aufgeführt. In der Tat versteht man relativ gut, wie zu viel Zucker im Blut den Nerven schadet. Man weiß, dass hoher Blutzucker oxidativen Stress verursacht, der zu Nervenschäden führt. Konsequenterweise werden bei diabetischer Neuropathie Antioxidantien wie zum Beispiel alpha-Lipansäure eingesetzt, um neuropathische Symptome zu verringern.[14]
Außerdem bindet Zucker an Proteine im Blut, die dadurch ihre Funktion nicht mehr ausüben können. Nervenzellen benötigen manche dieser Proteine und werden dadurch nicht mehr optimal versorgt.[15]
Bei Patienten mit Diabetes Typ 2 hat intensive Blutzuckerkontrolle jedoch wenig Auswirkung auf die Entstehung und das Voranschreiten von Polyneuropathie.[16],[17],[18] Daher ist es naheliegend, dass noch andere Faktoren Nervenschäden begünstigen. Diabetespatienten haben zum Beispiel auch einen deregulierten Fettstoffwechsel und erhöhte Werte an oxidiertem LDL, was vermutlich in der Entstehung von Neuropathie involviert ist.[19]
10. Manche Diabetesmedikamente können Polyneuropathie verursachen
Das Blutzucker-regulierende Medikament Metformin wird von vielen Diabetikern eingenommen. Metformin hemmt die Aufnahme von Vitamin 12, wodurch es zu einem Mangel kommen kann. Vitamin B12 ist für die Nervenfunktion essentiell und ein Mangel an diesem Vitamin führt zu irreversiblen Nervenschäden.
Vitamin B12 Speicher halten sehr lange vor und somit kommt es erst nach jahrelanger Einnahme des Medikaments zu Neuropathie. Die Gefahr dabei ist jedoch, dass die Symptome auf Diabetes zurückgeführt werden und dadurch der Vitamin B12-Mangel unerkannt bleibt.[20] Ein Mangel muss unbedingt durch Vitamin B12-Supplementierung ausgeglichen werden. Aus diesem Grund muss der Vitamin B12-Status bei Diabetikern, die Metformin einnehmen, regelmäßig überprüft werden.
Fazit
Diabetische Polyneuropathie ist eine vielseitige Erkrankung und nicht in allen Einzelheiten verstanden.
Obwohl die Erkrankung unter einem Begriff zusammengefasst wird, macht es einen Unterschied, ob Diabetes Typ 1 oder Typ2 Ursache der Neuropathie ist.