24 Symptome diabetischer Neuropathie
Neuropathie ist eine häufige Komplikation von Diabetes.
Diabetische Neuropathie kann bereits sehr früh im Krankheitsverlauf auftreten, sogar in den Vorstufen von Diabetes, wie dem metabolischen Syndrom. Da verschiedenste Nerven von diabetischer Polyneuropathie betroffen sein können, treten viele unterschiedliche Symptome auf.
Da bei der Krankheit Nerven geschädigt werden, können eine ganze Reihe von Symptomen auftreten. Typisch zu Beginn der Krankheit sind aber Schmerzen und Missempfindungen, wie beispielsweise Kribbeln, oder Taubheit.
Hier ist eine Liste typischer Symptome, die diabetische Polyneuropathie auslösen kann:
1) Schmerzen in den Extremitäten
Neuropathische Schmerzen können sehr unterschiedlicher Natur sein und werden oft als brennend oder stechend beschrieben. Sie treten meist plötzlich, fast blitzartig auf.[1] Manche Patienten vergleichen die Schmerzsymptome mit Bienenstichen, andere berichten von einem Gefühl wie auf glühenden Kohlen zu laufen.
Meist werden die Nervenenden in den Extremitäten werden zuerst geschädigt. Daher breiten sich die Schmerzen handschuh- bzw. strumpfförmig von den Extremitäten zur Körpermitte hin aus. Die Schmerzen sind in der Regel nachts am schlimmsten, was eine zusätzliche psychische Belastung darstellt.
2) Schmerzen in der Hüfte, im Gesäß und in den Oberschenkeln
Schmerzen außerhalb der Extremitäten, Richtung Körpermitte sind bei diabetischer Neuropathie seltener. Sie treten auf, wenn Nerven im Hüftbereich, im Gesäß oder in den Oberschenkel beschädigt sind. Die Schmerzen kommen meist plötzlich und können heftig sein.
3) Überempfindlichkeit
Eine erhöhte Sensibilität der Nerven kann dazu führen, dass bisher als normal wahrgenommene Empfindungen auf einmal schmerzhaft sind. Beispielsweise können leichte Berührungen, wie Streicheln der Haut unangenehm sein, oder im Extremfall selbst leichteste Berührungen durch Kleidung oder Bettlaken als schmerzhaft wahrgenommen werden.[2]
4) Nachlassen des Tastsinns
Die Fähigkeit, Vibration, Druck und Temperaturunterschiede wahrzunehmen, ist vermindert. Auch dieses Symptom tritt zuerst an den Extremitäten auf und breitet sich von dort aus.[3]
5) Taubheitsgefühl
Ein weiteres typisches Symptom diabetischer Neuropathie sind kribbelnde Taubheitsgefühle, wie wenn nach langer Unbeweglichkeit der Fuß oder das Bein einschläft.[4]
6) Muskelschwäche
Muskelschwäche ist meist schwach ausgeprägt und macht sich in den äußersten Extremitäten bemerkbar. Sie äußert sich zum Beispiel in Problemen, Zehen und Füße zu flexen.[5] In seltenen Fällen kann es auch zu erheblichen Muskelverlust in den Beinen kommen, der zudem schmerzhaft ist.
7) Diabetisches Fußsyndrom
Als Folge von Muskelschwäche und verminderter Gefühlswahrnehmung in den Füßen nehmen Diabetiker oft eine typische Fußhaltung ein. Dies erhöht die Verletzungsgefahr beim Laufen. Außerdem werden potentielle Gefahren, wie zum Beispiel ein Stein im Schuh, nicht wahrgenommen, was ebenfalls zu Verletzungen führen kann.
Da Diabetiker eine schlechte Wundheilung haben, entzünden sich solche Stellen schnell und breiten sich weiter aus. Die Komplikationen des diabetische Fußsyndroms können im schlimmsten Fall eine Amputation notwendig machen.[6]
8) Gesichtslähmung
Eine Lähmung im Gesicht wird durch beschädigte motorische Nerven, die die Gesichtsmuskeln steuern, verursacht. Man spricht von einer sogenannten Bell’schen Parese. Meist ist nur eine Gesichtshälfte betroffen, wodurch es zu einer unsymmetrischen Mimik kommt.[7]
So hängt an der betroffenen Seite der Mundwinkel herunter, die Stirn kann nicht gerunzelt und die Augenbraue nicht aktiv gesenkt oder gehoben werden.
9) Eingeschränkte Augenbewegung
Der dritte Hirnnerv ist für die Steuerung der Augenbewegungen verantwortlich. Ist er beschädigt, kommt es zu Doppeltsehen, Herunterhängen eines Augenlids und Schmerzen im Stirnbereich oder hinter dem betroffenen Auge.[8]
10) Eingeschränkte Blasenfunktion
Wenn Nerven, die die Blase kontrollieren betroffen sind, kann dies zu verstärktem Harndrang, Inkontinenz und zu Problemen, die Blase vollständig zu entleeren, führen.[9]
11) Vermindertes oder verstärktes Schwitzen
Nerven kontrollieren auch die Schweißproduktion, weswegen durch diabetische Polyneuropathie abnormales Schwitzen auftreten kann.[10]
12) Eine erhöhte Ruheherzfrequenz
Eine hohe Ruheherzfrequenz ist eine späte Komplikation diabetischer Neuropathie, die erst viele Jahren nach der Diabetesdiagnose auftritt. Die Frequenz liegt dann in einer Ruhesituation ohne körperliche Betätigung bei 90-100 Schlägen pro Minute, gelegentlich werden sogar bis zu 130 Schläge pro Minute erreicht.[11]
Generell passt sich die Herzrate kaum noch an gegebene Situationen, wie sportliche Betätigung, Schlaf oder Stress an. Dies ist ein Zeichen, dass das Herz kaum noch auf Nervenreize reagiert.
13) Mangelnde körperliche Belastbarkeit
Der Körper reagiert auf sportlicher Betätigung normalerweise mit einer erhöhten Herzfrequenz und Bluthochdruck, wodurch der erhöhte Bedarf an Sauerstoff und Energie für die Muskeln gewährleistet wird. Diese Anpassungen bei körperlich anstrengen Tätigkeiten kann bei Diabetikern beeinträchtigt sein.[12]
Sportliche Betätigung ist zwar für Diabetiker wichtig, da es helfen kann den Krankheitsverlauf aufzuhalten, das Fitnessprogramm sollte jedoch mit dem Arzt abgesprochen werden. Ein Belastungstest hilft einzuschätzen, welche körperlichen Belastungen angemessen sind. Dabei werden Herzfrequenz und Blutdruck gemessen, während der Patient auf dem Laufband oder Fahrrad aktiv ist.
14) Niedriger Blutdruck beim Aufstehen
Wenn Sie aus einer liegenden Position aufstehen, fließt was Blut zunächst in die Beine und der Blutdruck fällt ab. Bei einem gesunden Menschen wird das sehr schnell durch eine erhöhte Herzfrequenz kompensiert, wodurch der Blutdruck wieder steigt.
Diabetiker haben aufgrund des geschädigten autonomen Nervensystems häufig Probleme, die Herzfrequenz entsprechend anzupassen. Dadurch kommt es beim Aufstehen zu Schwindel und Schwachheit.
Blutdruckerhöhende Medikamente sind mit Vorsicht zu verwenden, da Diabetiker generell eher zu hohem Blutdruck neigen. Kompressionsstrümpfe können hingegen helfen, das Blut aus den Beinen Richtung Körpermitte zu lenken.[13]
15) Stille kardiale Ischämie
Eine Ischämie ist eine unzureichende Durchblutung eines Körperabschnitts oder Organs. Zu einer Ischämie kommt es durch eine Verengung oder Verschluss von Blutgefäßen und als Folge wird ein Teil des Körpers nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Es kann zu einem Absterben von Zellen kommen. Wenn Gefäße, die das Herz versorgen betroffen sind, besteht die Gefahr eines Herzinfarkts.
Eine kardiale Ischämie äußert sich normalerweise durch Schmerzen und Engegefühl im Herzbereich. Bei manchen Diabetespatienten bleiben diese Symptome jedoch aus, deswegen spricht man von stiller kardialer Ischämie. Diese unbemerkten Ischämien sind gefährlich, da sie auf Dauer den Herzmuskel beträchtlich schädigen.[14]
Unerklärte Abgeschlagenheit, Müdigkeit, Herzrhythmusstörungen, Kurzatmigkeit, und Verwirrtheit können auf eine stille kardiale Ischämie hinweisen.[15]
16) Funktionsstörungen der Speiseröhre
Probleme der Speiseröhre werden meist durch Schäden am Vagusnerv verursacht.[16] Der Vagusnerv kontrolliert die Aktivität der inneren Organe, auch der Speiseröhre. Typische Symptome sind Sodbrennen und Probleme beim Schlucken.
17) Verdauungsprobleme
Wenn autonomen Nerven, die die Magen und Darmfunktion steuern, von diabetischer Neuropathie betroffen sind, können Verdauungsprobleme, wie Verstopfung und Durchfall auftreten.[17]
18) Gastroparese (verminderte Magenperistaltik)
Auch die Magenperistaltik und Magenentleerung werden vom Vagusnerv kontrolliert, der bei Diabetikern oft beschädigt ist.
Gastroparese äußert sich durch Völlegefühl, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen.[18]
19) Erektionsstörungen
Erektionsstörungen sind eines der häufigsten Symptome diabetischer Neuropathie: Schätzungsweise 35 -75% der Männer mit Diabetes leiden daran.[19]
Die Probleme treten meist als Folge autonomer Nervenschäden und Gefäßerkrankungen auf.
Erektionsstörungen sollten auch als Warnzeichen für kardiovaskuläre Komplikationen gesehen werden.
20) Retrograde (rückwärtige) Ejakulation
Bei der retrograden Ejakulation wird die Samenflüssigkeit fehlgeleitet und gelangt in die Harnblase.[20] Somit ist der sichtliche Samenerguss sehr gering oder bleibt völlig aus. Der Samen wird mit dem Urin ausgeschieden.
21) Sexuelle Störungen bei Frauen
Auch bei Frauen hat diabetische Neuropathie Auswirkungen auf das Liebesleben. Typische Symptome sind mangelndes sexuelles Verlangen und Erregbarkeit, und auch Schmerzen beim Geschlechtsverkehr aufgrund unzureichender Befeuchtung der Scheidenschleimhaut.
Sexuelle Probleme können viele Ursachen haben und sind nicht immer auf diabetische Neuropathie zurückzuführen. Frauen mit Diabetes, die Neuropathie haben, haben jedoch eher sexuelle Störungen als Frauen mit Diabetes ohne neuropathische Symptome.[21]
Da die Geschlechtsorgane von autonomen Nerven gesteuert werden, ist autonome Neuropathie häufig die Ursache sexueller Störungen. Aber auch Schäden an sensorischen Nerven können zu verminderter Lust am Liebesspiel beitragen.
22) Probleme, eine Unterzuckerung wahrzunehmen
Eine Unterzuckerung ist eine lebensbedrohliche Situation, die sofort behandelt werden muss. Wenn der Blutzucker unter 70 mg/dl abfällt, reagieren Diabetiker normalerweise mit Zittern und Schweißausbrüchen. Schäden an autonomen Nerven können jedoch dazu führen, dass eine Unterzuckerung nicht wahrgenommen wird.[22]
23) Koordinationsstörungen und ein beeinträchtigter Gleichgewichtssinn
Eine Kombination motorischer und sensorischer Störungen kann Probleme in der Koordination verursachen. Dies führt zu häufigem Fallen und erhöht die Gefahr von Knochenbrüchen.[23]
24) Eingeschränkte Pupillenanpassung an Licht
Die Pupillen regulieren den Lichteinfall ins Auge und bei Dunkelheit vergrößern sich normalerweise die Pupillen. Diese Dunkelanpassung der Pupillen kann bei Patienten mit diabetischer Neuropathie beeinträchtigt sein.[24]
Auch das sogenannte Argyll-Robertson-Phänomen – eine fehlende Reaktion der Pupille auf Lichtreize wird beobachtet. Hier hat die Pupille Schwierigkeiten sich sowohl an Helligkeit als an Dunkelheit anzupassen. Das generelle Sehvermögen, also z. B. die Fokussierung naher oder entfernter Objekte ist jedoch nicht beeinträchtigt.
Fazit
Die Symptome diabetischer Neuropathie sind sehr vielfältig und viele Symptome sind nicht spezifisch für die Krankheit. Im Krankheitsverlauf früh auftretende, typische Symptome helfen bei der Diagnose, die für eine frühzeitige Behandlung zur Verhinderung weiterer Nervenschäden notwendig ist.